Sozialer Wohnungsbau: Ende der Eigenschaft “öffentlich gefördert” von Sozialwohnungen bei einem Notverkauf
Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 19. September 2013 – 16 K 5.12 –, www.juris.de
Sachverhalt
Gegenstand der Entscheidung war die Frage der Wohnungsbindung bei einem mit öffentlichen Mitteln geförderten Mietwohnungshaus nach dessen Notverkauf. Durch notariellen Kaufvertrag vom 06. Oktober 2009, im Grundbuch eingetragen am 31. Mai 2010, erwarb die Eigentümerin das Mietwohnungshaus mit Zustimmung der Investitionsbank Berlin (IBB) vom Insolvenzverwalter, nachdem das Amtsgericht bereits die Zwangsversteigerung angeordnet hatte. Die ursprüngliche Fördernehmerin war zuvor zahlungsunfähig geworden und die IBB hatte deshalb die Fördermittel gekündigt. Die Förderung wurde von der Eigentümerin nicht übernommen. Die zu Gunsten der IBB im Grundbuch eingetragenen Sicherheiten wurden gelöscht. Eine Teilzahlung aus dem Kaufpreis führte nicht zu einer vollständigen Ablösung der Forderungen der IBB.
Im Oktober 2010 beantragte die Eigentümerin eine Bestätigung über das Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert. Mit Bescheid vom Oktober 2010 teilte das zuständige Bezirksamt der Eigentümerin mit, dass wegen der nicht vollständigen Rückzahlung der Fördermittel durch die ursprüngliche Fördernehmerin die Bindung weiterhin bestehen bleibe und ein Termin für das Ende der Wohnungsbindung nicht benannt werden kann. Gegen diese Rechtsauffassung wehrte sich die Eigentümerin mit einer Klage.
Inhalt der Entscheidung
Das Verwaltungsgericht Berlin entschied, dass entgegen der Rechtsauffassung des zuständigen Bezirksamtes im Fall eines sogenannten Notverkaufs eine dreijährige Wohnungsbindung analog der Regelung des § 17 WoBindG bestehe. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht Berlin aus, dass bei Fallgestaltungen, in denen die Fördermittelbank –hier IBB- zur Abwendung der ansonsten drohenden Zwangsversteigerung dem freihändigen Verkauf durch den Insolvenzverwalter zugestimmt und die Löschung der öffentlichen Grundschulden bewilligt hat, die Sachverhalte des Notverkaufs und der Zwangsversteigerung im wirtschaftlichen Ergebnis vergleichbar sind.
Auswirkungen für die Praxis
Die mittlerweile rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin überrascht, da das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Urteil vom 12.01.2012 in einem ähnlichen Fall entschied, dass die Wohnungsbindung nach einer Sanierungsvereinbarung zwischen dem Fördermittelbank und dem Fördernehmer –zur Abwendung einer drohenden Insolvenz– nicht über § 17 WoBindG –mit seiner dreijährigen Wohnungsbindung– sondern nach § 16 WoBindG mit seiner zehnjährigen Wohnungsbindung zu beurteilen sei, siehe Newsbeitrag des Unterzeichners vom 21.11.2012.
Von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin dürften Eigentümer profitieren, die ein „Sozimietwohnungshaus“ von einem Insolvenzverwalter erwarben, nach dem der ursprüngliche Fördernehmer zahlungsunfähig wurde und die gewährten Fördermittel aufgekündigt wurden.
Die Regelungen des § 7 Abs. 2 des Wohnraumgesetzes Berlin (WoG Berlin) über Notverkaufsfälle fanden auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da der Antrag auf Bestätigung über das Ende der Eigenschaft öffentlich gefördert bereits im Oktober 2010, vor Erlass des WoG Berlin, gestellt wurde.
Für weitere Fragen zum Thema Notverkauf eines „Sozibaus“ sowie Fragen zum Sozialen Wohnungsbau steht Ihnen Rechtsanwalt A. Empere selbstverständlich gerne zur Verfügung.